Kapitel 1- Der gejagte
Ein lautes Kreischen. Ein dumpfer Aufprall. Das hässliche Geräusch berstender Knochen und zerreißenden Gewebes. Dann war es wieder still. Nur sein eigener rasselnder Atem und das dumpfe Geräusch schwerer Stiefel auf dem moosbedeckten, sumpfigen Boden störten die unheimliche Stille.
Die stinkende Luft brannte ihm in den Lungen, und die Muskeln in seinen Beinen schmerzten bei jedem seiner schnellen Schritte, doch er zwang sich weiter zu rennen. Denn er wusste, wenn er stehen bleiben würde, wäre das sein Todesurteil.
Und da war es wieder, der laute Kreischen das einem das Blut in den Andern gefrieren ließ, diesmal jedoch gefolgt von einem menschlichen Aufschrei und Mascheinengewehrschüssen. Dann einen kurzen Moment Stille. Und wieder das hässliche Geräusch eines Körpers der in Stücke gerissen wird.
Er bekam bei der Vorstellung an das was gerade mit seinen Gefährten geschah eine Gänsehaut, trotz der schweren Hitze die durch den Sumpf waberte.
Verdammt. Dachte er und sprang über einen umgestürzten Baumstamm, der von Moos und kleinen Pilzen überwachsen war.
Wie konnte er nur so verdammt dämlich gewesen sein? Warum hatte er sich darauf eingelassen?
„Zeit ist Geld. Und der weg durch den Sumpf ist viel kürzer als der lange Umweg über die Straßen.“ Das hatte Gregor, ihr “Anführer“ immer wieder betont. Selbst als ihr Trupp auf die verwesenden Überreste anderer Stalker gestoßen war, hatte er allen bedenken zum trotz den Weitermarsch befohlen. Und sie waren ihm blindlings gefolgt, wie eine Herde Schafe.
Immerhin hat es ihn als ersten erwischt.
Dachte er verbittert und wich einem von Flechten überwucherten Baumstamm aus.
Gregor und Snake. Sie waren die beiden ersten gewesen die dran glauben mussten als diese Horde Blutsauger wie aus dem nichts aufgetaucht war. Direkt gefolgt von Lew, dem Neuling, der aus lauter Panik sein Gewehr fallen gelassen hatte und den Biestern direkt in die Arme gerannt war. Das war zwar wirklich kein schöner Anblick gewesen, aber so hatten er und die drei anderen, die noch übrig geblieben waren, genug zeit gehabt um ihre Gewehre zu laden und sich für eine Richtung zum wegrennen zu entscheiden.
Er blickte kurz auf seinen PDA. Auf dem Bildschirm des kleinen Gerätes war eine Luftaufnahme des Sumpfwaldes zu sehen in dem er sich befand, und in der Mitte ein kleiner weißer Punkt der sich stetig fortbewegte- Er selbst. Ansonsten war da nichts, keine weiteren Punkte die auf andere Stalker hingewiesen hätten. Das beunruhigte ihn noch mehr, da er schon viel, viel weiter von dem Ort, an dem sie angegriffen wurden, entfernt sein musste als er bisher angenommen hatte.
Na toll. Wenn ich mich jetzt auchnoch verlaufe ist es wirklich aus.
Dachte er und richtete den Blick wieder geradeaus, während er den PDA wieder in seine Jackentasche stopfte.
Plötzlich spürte er einen dumpfen Schmerz im rechten Fuß, als dieser gegen einen Stein stieß der aus dem sumpfigen Boden hinausragte. Er stolperte und schaffte es gerade noch sich mit den Händen abzufangen, wobei seine Arme fast bis zu den Ellenbogen im Morast versanken. Er fluchte laut, während er mit aller Kraft versuchte aufzustehen und weiterzulaufen, aber seine Beine streikten und wollten sein Gewicht nicht mehr tragen. Verzweifelt und wütend über sich und die Welt blickte er hinauf zum Himmel, wo er einen Schwarm Krähen erblickte, die über ihm umherkreisten wie Aasgeier.
„Oh nein.“
Flüsterte er trotzig zu den schwarzen Vögeln hinauf und stemmte sich auf die Beine.
„So einfach kriegt ihr mich nicht.“
Er zwang sich mit letzter kraft dazu weiterzurennen. Wenn er schon krepieren musste, dann im Kampf und mit dem Gewehr in der Hand, und nicht hier im stinkenden Sumpfschlamm liegend.
Nach einiger zeit, die ihm unendlich lang vorkam, begann das hohe Gebüsch sich langsam zu lichten, und in der ferne konnte er offenes land erkennen.
Na endlich!
Er beschleunigte seine schritte und taumelte schließlich aus der letzten reihe dornigen Gestrüpps.
Erleichtert blickte er in die Landschaft. In einiger Entfernung wölbte sich der Boden zu einem hohen Hügel auf, der wie ein Ring das Sumpfgebiet zu umschließen schien. Am Fuß dieses Hügels konnte er einen unförmigen Haufen aus hellem Beton erkennen, der sich bei genauerem hinsehen als ein verfallenes Gebäude entpuppte. Er ging schnellen Schrittes darauf zu, wobei er sich immer wieder umdrehte und nach Blutsaugern Ausschau hielt, die ihm aus dem Sumpf folgen könnten. Das war natürlich absolut sinnlos, da er die Biester wahrscheinlich sowieso nicht sehen würde, da sie die nervige Angewohnheit hatten sich unsichtbar zu machen. Aber dennoch beruhigte es ihn dass er keine Verfolger erkennen konnte.
Bei den Ruinen angekommen, sah er als erstes eine halb zerfallene Treppe, die hinauf aufs dach führte. Er ging vorsichtig nach oben und blickte sich um.
Das dach war, bis auf eine verrostete Satellitenschüssel, vollkommen leer, und der einzige Weg hinauf war die Treppe über die er gekommen war. Hier würde er sicher sein, vorerst, und er musste nur aus einer Richtung mit Angriffen rechnen. Erleichtert ließ er seinen Rucksack und sein Gewehr, eine alte und recht mitgenommene Obokan, auf den Boden sinken, um sich dann selbst rücklings auf den kalten Beton fallen zu lassen. Schwer atmend blickte er in den grauen Himmel hinauf. Keine einzige Krähe war zu sehen. Aus irgendeinem verkorksten Grund beruhigte ihn das ein wenig.
Nach einer weile setzte er sich seufzend auf und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste blonde Haar. Dann kramte er seinen PDA wieder aus der Jackentasche hervor und blickte auf den Bildschirm. Noch immer war nichts zu sehen. Er blickte in die Landschaft um ihn herum. Auf der einen Seite erstreckte sich das scheinbar unendlich lange Sumpfgebiet, und auf der anderen konnte er nur offenes land sehen, das von gräulichem Gras bewachsen war und in weiter Entfernung in einen Wald überging.
Anders gesagt: Es gab keinen einzigen punkt in der Landschaft an dem er sich hätte orientieren können um herauszufinden wo er war. Er war also ziemlich aufgeschmissen.
Wieder wandte er sich dem kleinen Gerät in seiner Hand zu und zoomte mit einem Knopfdruck weiter aus der Karte aus, nur um festzustellen dass er sich anscheinend in dem verschwommenen Bereich außerhalb des kartographisierten Gebietes befand.
Na klasse. Jetzt ist auchnoch mein PDA hinüber. Ab jetzt kann’s wirklich nurnoch bergauf gehen.
Dachte er verbittert. Schließlich war es absolut unmöglich dass er so weit vom weg abgekommen war.
Gedankenverloren beobachtete er die Treppe und achtete auf jedes Zeichen eines Blutsaugers oder eines anderen Mutanten. Er dachte darüber nach warum er eigentlich hier war. Schließlich hätte er auch in Moskau bleiben und sein Medizinstudium beenden können. Und im Moment wünschte er sich er hätte genau das getan.
Alles hatte an jenem Abend begonnen als er Lesco kennen gelernt hatte. Dieser war damals etwas älter als er und war gerade unehrenhaft aus dem Militär entlassen worden, wegen einiger Auseinandersetzungen mit den Vorgesetzten und diversen Schlägereien, wenn er sich recht erinnerte. Sie hatten sich in einer Bar zum ersten Mal getroffen, und ein paar Bier und eine Kneipenschlägerei später waren sie schon so was wie beste Freunde geworden.
Am selben Abend noch hatte Lesco ihm dann von der Zone erzählt. Er wusste damals selbst nicht viel darüber, nur das was er von den anderen Soldaten aufgeschnappt hatte: Ein vom Militär unter Verschluss gehaltenes Gebiet voller Schätze und Reichtümer in form seltener Artefakte, und in der Mitte der geheimnisvolle Wunschgönner, ein Relikt von dem man sagt dass es jeden Wunsch erfüllen kann.
Er war natürlich sofort neugierig geworden und hatte seinen neuen Freund darüber ausgefragt, der ihm bereitwillig alles erzählt hatte. Und ehe sie sich versahen waren sie einen Monat später auch schon hier gewesen- Mitten im Sperrgebiet um den Atomreaktor Chernobyl.
Das alles war nun schon fast ein Jahr her, und er und Lesco hatten es in der Zone recht weit gebracht- Bis jetzt. Nun war sein Freund mit 99,9 prozentiger Wahrscheinlichkeit tot und er saß hier oben fest. Und das gerade jetzt, wo sie ein anscheinend wirklich wertvolles Artefakt gefunden hatten.
Bei diesem Gedanken blickte er hinab zu seinem Rucksack. Die anderen hatten ihm das Artefakt anvertraut, da keiner von ihnen das zusätzliche Gewicht mit sich herumschleppen wollte. Noch vor 24 stunden hatte er sich lauthals darüber beschwert.
Vielleicht…
Dachte er und stand auf.
…Vielleicht kann ich das Ding ja verkaufen und mit dem Geld die Soldaten bestechen damit sie mich aus der Zone rauslassen.
Ein kurzes lächeln huschte über sein Gesicht.
Dann könnte ich wieder ein normales leben führen und all das hier vergessen.
Mit diesem Gedanken hob er den Rucksack und das Gewehr auf, als er hinter sich ein leises Knacken hörte. Langsam drehte er sich auf dem Absatz um, die Waffe im Anschlag. Er war sich nicht sicher ob er wirklich sehen wollte wer oder was das Geräusch verursacht hatte.
Sein ungutes Gefühl bestätigte sich.
Zwischen den Ästen eines kahlen, abgestorbenen Baumes, der direkt neben dem verfallenen Gebäude stand, saß eine zusammengekauerte Gestalt. Anhand der zerfetzten Kleidung, die den abgemagerten Körper und die abgeschürfte Haut bedeckten, konnte man gerade noch erahnen dass der Mutant einmal ein Mensch gewesen sein musste. Die von einer zerrissenen Gasmaske bedeckten Augen waren ihm zugewandt, und mit einem Knurren entblößte der Snork die spitzen, blutverschmierten Zähne.
„Heilige Scheiße“
Er richtete seine Obokan auf das Monster, aber es war bereits zu spät. Das Wesen sprang mit einem kräftigen Satz gegen seinen Brustkorb, so dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Er schaffte es gerade noch dem Mutanten mit dem Schaft des Gewehres gegen den Schädel zu schlagen, bevor er selbst das Gleichgewicht verlor und rückwärts die Treppe hinunterfiel. Dann erfüllte Plötzlich ein lauter knall die Luft. Er wusste nicht ob es ein Gewehrschuss oder das Bersten seines eigenen Schädels war, als er schmerzhaft mit dem Kopf auf einer der Stufen aufschlug. Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte, während irgendwo in seinem Kopf eine merkwürdig vertraute Stimme immer wieder seinen Namen rief.
„Jevoh!“.
Nächstes Kapitel
Die stinkende Luft brannte ihm in den Lungen, und die Muskeln in seinen Beinen schmerzten bei jedem seiner schnellen Schritte, doch er zwang sich weiter zu rennen. Denn er wusste, wenn er stehen bleiben würde, wäre das sein Todesurteil.
Und da war es wieder, der laute Kreischen das einem das Blut in den Andern gefrieren ließ, diesmal jedoch gefolgt von einem menschlichen Aufschrei und Mascheinengewehrschüssen. Dann einen kurzen Moment Stille. Und wieder das hässliche Geräusch eines Körpers der in Stücke gerissen wird.
Er bekam bei der Vorstellung an das was gerade mit seinen Gefährten geschah eine Gänsehaut, trotz der schweren Hitze die durch den Sumpf waberte.
Verdammt. Dachte er und sprang über einen umgestürzten Baumstamm, der von Moos und kleinen Pilzen überwachsen war.
Wie konnte er nur so verdammt dämlich gewesen sein? Warum hatte er sich darauf eingelassen?
„Zeit ist Geld. Und der weg durch den Sumpf ist viel kürzer als der lange Umweg über die Straßen.“ Das hatte Gregor, ihr “Anführer“ immer wieder betont. Selbst als ihr Trupp auf die verwesenden Überreste anderer Stalker gestoßen war, hatte er allen bedenken zum trotz den Weitermarsch befohlen. Und sie waren ihm blindlings gefolgt, wie eine Herde Schafe.
Immerhin hat es ihn als ersten erwischt.
Dachte er verbittert und wich einem von Flechten überwucherten Baumstamm aus.
Gregor und Snake. Sie waren die beiden ersten gewesen die dran glauben mussten als diese Horde Blutsauger wie aus dem nichts aufgetaucht war. Direkt gefolgt von Lew, dem Neuling, der aus lauter Panik sein Gewehr fallen gelassen hatte und den Biestern direkt in die Arme gerannt war. Das war zwar wirklich kein schöner Anblick gewesen, aber so hatten er und die drei anderen, die noch übrig geblieben waren, genug zeit gehabt um ihre Gewehre zu laden und sich für eine Richtung zum wegrennen zu entscheiden.
Er blickte kurz auf seinen PDA. Auf dem Bildschirm des kleinen Gerätes war eine Luftaufnahme des Sumpfwaldes zu sehen in dem er sich befand, und in der Mitte ein kleiner weißer Punkt der sich stetig fortbewegte- Er selbst. Ansonsten war da nichts, keine weiteren Punkte die auf andere Stalker hingewiesen hätten. Das beunruhigte ihn noch mehr, da er schon viel, viel weiter von dem Ort, an dem sie angegriffen wurden, entfernt sein musste als er bisher angenommen hatte.
Na toll. Wenn ich mich jetzt auchnoch verlaufe ist es wirklich aus.
Dachte er und richtete den Blick wieder geradeaus, während er den PDA wieder in seine Jackentasche stopfte.
Plötzlich spürte er einen dumpfen Schmerz im rechten Fuß, als dieser gegen einen Stein stieß der aus dem sumpfigen Boden hinausragte. Er stolperte und schaffte es gerade noch sich mit den Händen abzufangen, wobei seine Arme fast bis zu den Ellenbogen im Morast versanken. Er fluchte laut, während er mit aller Kraft versuchte aufzustehen und weiterzulaufen, aber seine Beine streikten und wollten sein Gewicht nicht mehr tragen. Verzweifelt und wütend über sich und die Welt blickte er hinauf zum Himmel, wo er einen Schwarm Krähen erblickte, die über ihm umherkreisten wie Aasgeier.
„Oh nein.“
Flüsterte er trotzig zu den schwarzen Vögeln hinauf und stemmte sich auf die Beine.
„So einfach kriegt ihr mich nicht.“
Er zwang sich mit letzter kraft dazu weiterzurennen. Wenn er schon krepieren musste, dann im Kampf und mit dem Gewehr in der Hand, und nicht hier im stinkenden Sumpfschlamm liegend.
Nach einiger zeit, die ihm unendlich lang vorkam, begann das hohe Gebüsch sich langsam zu lichten, und in der ferne konnte er offenes land erkennen.
Na endlich!
Er beschleunigte seine schritte und taumelte schließlich aus der letzten reihe dornigen Gestrüpps.
Erleichtert blickte er in die Landschaft. In einiger Entfernung wölbte sich der Boden zu einem hohen Hügel auf, der wie ein Ring das Sumpfgebiet zu umschließen schien. Am Fuß dieses Hügels konnte er einen unförmigen Haufen aus hellem Beton erkennen, der sich bei genauerem hinsehen als ein verfallenes Gebäude entpuppte. Er ging schnellen Schrittes darauf zu, wobei er sich immer wieder umdrehte und nach Blutsaugern Ausschau hielt, die ihm aus dem Sumpf folgen könnten. Das war natürlich absolut sinnlos, da er die Biester wahrscheinlich sowieso nicht sehen würde, da sie die nervige Angewohnheit hatten sich unsichtbar zu machen. Aber dennoch beruhigte es ihn dass er keine Verfolger erkennen konnte.
Bei den Ruinen angekommen, sah er als erstes eine halb zerfallene Treppe, die hinauf aufs dach führte. Er ging vorsichtig nach oben und blickte sich um.
Das dach war, bis auf eine verrostete Satellitenschüssel, vollkommen leer, und der einzige Weg hinauf war die Treppe über die er gekommen war. Hier würde er sicher sein, vorerst, und er musste nur aus einer Richtung mit Angriffen rechnen. Erleichtert ließ er seinen Rucksack und sein Gewehr, eine alte und recht mitgenommene Obokan, auf den Boden sinken, um sich dann selbst rücklings auf den kalten Beton fallen zu lassen. Schwer atmend blickte er in den grauen Himmel hinauf. Keine einzige Krähe war zu sehen. Aus irgendeinem verkorksten Grund beruhigte ihn das ein wenig.
Nach einer weile setzte er sich seufzend auf und fuhr sich mit der Hand durch das zerzauste blonde Haar. Dann kramte er seinen PDA wieder aus der Jackentasche hervor und blickte auf den Bildschirm. Noch immer war nichts zu sehen. Er blickte in die Landschaft um ihn herum. Auf der einen Seite erstreckte sich das scheinbar unendlich lange Sumpfgebiet, und auf der anderen konnte er nur offenes land sehen, das von gräulichem Gras bewachsen war und in weiter Entfernung in einen Wald überging.
Anders gesagt: Es gab keinen einzigen punkt in der Landschaft an dem er sich hätte orientieren können um herauszufinden wo er war. Er war also ziemlich aufgeschmissen.
Wieder wandte er sich dem kleinen Gerät in seiner Hand zu und zoomte mit einem Knopfdruck weiter aus der Karte aus, nur um festzustellen dass er sich anscheinend in dem verschwommenen Bereich außerhalb des kartographisierten Gebietes befand.
Na klasse. Jetzt ist auchnoch mein PDA hinüber. Ab jetzt kann’s wirklich nurnoch bergauf gehen.
Dachte er verbittert. Schließlich war es absolut unmöglich dass er so weit vom weg abgekommen war.
Gedankenverloren beobachtete er die Treppe und achtete auf jedes Zeichen eines Blutsaugers oder eines anderen Mutanten. Er dachte darüber nach warum er eigentlich hier war. Schließlich hätte er auch in Moskau bleiben und sein Medizinstudium beenden können. Und im Moment wünschte er sich er hätte genau das getan.
Alles hatte an jenem Abend begonnen als er Lesco kennen gelernt hatte. Dieser war damals etwas älter als er und war gerade unehrenhaft aus dem Militär entlassen worden, wegen einiger Auseinandersetzungen mit den Vorgesetzten und diversen Schlägereien, wenn er sich recht erinnerte. Sie hatten sich in einer Bar zum ersten Mal getroffen, und ein paar Bier und eine Kneipenschlägerei später waren sie schon so was wie beste Freunde geworden.
Am selben Abend noch hatte Lesco ihm dann von der Zone erzählt. Er wusste damals selbst nicht viel darüber, nur das was er von den anderen Soldaten aufgeschnappt hatte: Ein vom Militär unter Verschluss gehaltenes Gebiet voller Schätze und Reichtümer in form seltener Artefakte, und in der Mitte der geheimnisvolle Wunschgönner, ein Relikt von dem man sagt dass es jeden Wunsch erfüllen kann.
Er war natürlich sofort neugierig geworden und hatte seinen neuen Freund darüber ausgefragt, der ihm bereitwillig alles erzählt hatte. Und ehe sie sich versahen waren sie einen Monat später auch schon hier gewesen- Mitten im Sperrgebiet um den Atomreaktor Chernobyl.
Das alles war nun schon fast ein Jahr her, und er und Lesco hatten es in der Zone recht weit gebracht- Bis jetzt. Nun war sein Freund mit 99,9 prozentiger Wahrscheinlichkeit tot und er saß hier oben fest. Und das gerade jetzt, wo sie ein anscheinend wirklich wertvolles Artefakt gefunden hatten.
Bei diesem Gedanken blickte er hinab zu seinem Rucksack. Die anderen hatten ihm das Artefakt anvertraut, da keiner von ihnen das zusätzliche Gewicht mit sich herumschleppen wollte. Noch vor 24 stunden hatte er sich lauthals darüber beschwert.
Vielleicht…
Dachte er und stand auf.
…Vielleicht kann ich das Ding ja verkaufen und mit dem Geld die Soldaten bestechen damit sie mich aus der Zone rauslassen.
Ein kurzes lächeln huschte über sein Gesicht.
Dann könnte ich wieder ein normales leben führen und all das hier vergessen.
Mit diesem Gedanken hob er den Rucksack und das Gewehr auf, als er hinter sich ein leises Knacken hörte. Langsam drehte er sich auf dem Absatz um, die Waffe im Anschlag. Er war sich nicht sicher ob er wirklich sehen wollte wer oder was das Geräusch verursacht hatte.
Sein ungutes Gefühl bestätigte sich.
Zwischen den Ästen eines kahlen, abgestorbenen Baumes, der direkt neben dem verfallenen Gebäude stand, saß eine zusammengekauerte Gestalt. Anhand der zerfetzten Kleidung, die den abgemagerten Körper und die abgeschürfte Haut bedeckten, konnte man gerade noch erahnen dass der Mutant einmal ein Mensch gewesen sein musste. Die von einer zerrissenen Gasmaske bedeckten Augen waren ihm zugewandt, und mit einem Knurren entblößte der Snork die spitzen, blutverschmierten Zähne.
„Heilige Scheiße“
Er richtete seine Obokan auf das Monster, aber es war bereits zu spät. Das Wesen sprang mit einem kräftigen Satz gegen seinen Brustkorb, so dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Er schaffte es gerade noch dem Mutanten mit dem Schaft des Gewehres gegen den Schädel zu schlagen, bevor er selbst das Gleichgewicht verlor und rückwärts die Treppe hinunterfiel. Dann erfüllte Plötzlich ein lauter knall die Luft. Er wusste nicht ob es ein Gewehrschuss oder das Bersten seines eigenen Schädels war, als er schmerzhaft mit dem Kopf auf einer der Stufen aufschlug. Vor seinen Augen tanzten schwarze Punkte, während irgendwo in seinem Kopf eine merkwürdig vertraute Stimme immer wieder seinen Namen rief.
„Jevoh!“.
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