INTERRUPTION 1
Zwieback- Aus dem leben eines Snorks
Nacht auf den 13.4.2006, geheime Forschungseinrichtung der Regierung nahe Reaktor 4 des Atomkraftwerks Chernobyl.
Ein normaler Kontrollgang. Das selbe wie jede Nacht. Die selbe Route, die selben Gesichter, die selbe ereignislose Eintönigkeit. Wie immer.
Er zündete sich eine Zigarette an, während er vor der Sicherheitsschleuse auf seinen Kameraden wartete, der wie immer genau 5 Minuten zu spät zum Wachdienst erschien. Selbst Unregelmäßigkeiten wurden in der Eintönigkeit des Bunkers zur Gewohnheit.
Wissenschaftler müsste man sein
schoss es ihm durch den Kopf.
Jeden tag neue proben analysieren. Manchmal neue Erkenntnisse gewinnen. Ab und an Gefährliche Experimente durchführen bei denen dann und wann ein Kollege draufging. Ein schönes Leben musste das sein.
Er hörte schritte. Wie erwartet. Genau 5 minuten.
Der glimmstängel erlosch, und nach der routinierten begrüßung gingen sie durch die schleuse nach draußen.
Ihre route ging einmal um das weitläufige Gelände herum, immer am hohen Zaun entlang.
Das ist eine Hochsicherheitsanlage. Hier wird nichts passieren.
Anfangs hatte er sich das immer wieder eingeredet weil er angst hatte. Mittlerweile tat er es weil es stimmte.
Doch diese nacht war anders. Er spürte es. Oder zumindest glaubte er das. Und damit war er anscheinend nicht allein. Hunderte von kleinen Tieren huschten am Zaun entlang, weg von Reaktor 4, weg von dem großen sarg aus beton, auf der flucht vor etwas unsichtbarem. Doch seinen Kameraden interessierte das nicht. Er redete nur. Immer war er am reden, über dinge die ohne bedeutung waren. Seine familie, seine kinder...
Er achtete nicht auf das Gerede und blickte zum Reaktor. Er blieb stehen. Warum wusste er nicht, aber er tat es.
Dann war es auf einmal hell. Sehr hell.
Und alles war weg. Auch das endlose gerede seines Kameraden.
Das machte ihn glücklich.
8.4.2012, Zaton
Warmes sonnenlicht flutete die ebene. Es war einer der seltenen sonnigen morgende in der Zone, die durch die hellen strahlen auf einmal merkwürdig friedlich, ja fast schon einladend wirkte. Ja, das war es. Eine Einladung. Einladung zu einer beerdigung- In der regel die eigene.
Ein leichter windstoss brachte das spärliche laub des baumes zum rascheln und ließ ihn hochschrecken. Er hatte geschlafen. Hier, auf diesem harten arm des baumes. Es gab dafür bestimmt ein wort, aber er hatte es vergessen. Er streckte sich und kniff die augen zusammen, als das große licht ihn blendete. Er hasste das große licht. Deshalb schlief er sonst auch wenn es da war. Damit er es nicht sehen musste.
Aber nun schlief er nicht mehr, und ein geruch war in der luft. Er kannte den geruch. Von irgendwo. Lange her.
Er sprang auf den boden. Seine vier füße landeten lautlos auf dem gras. Mit den vorderen füßen spürte er jeden einzelnen grashalm. Mit den hinteren spürte er garnichts. Außer den aufprall. Jetzt hörte er auch sachen. Es kam von da. Hinter dem hügel. Er schlich sich an. Und dann sah er die wesen. Sie gaben die geräusche von sich. Er hatte solche geräusche schon oft gehört. Er mochte sie nicht. Weil er sie nicht verstand. Nicht mehr.
Aber er kannte noch ein wort für die wesen. Er wusste dass man sie mal so genannt hatte. Stalker. Er hatte das wort einmal gehasst. Früher. Aber jetzt mochte er es. Es klang gut. Anders als die anderen geräusche die Wesen sonst machten.
Da liefen sie, auf ihren zwei füßen. Die vorderen beiden endeten in würmern, die immer stöcke umschlangen. Stöcke die hässliche laute machten. Laute die wehtaten.
Er schlich noch nährer ran. Diese wesen waren noch mehr anders als andere wesen.
Das eine war groß und dick. Wie die vierbeinigen wesen mit den harten füßen und großen zähnen. Nur ohne zähne. Und mit zwei füßen.
Der andere war kleiner. Aber er hatte eine andere farbe als der andere. Er hatte die farbe die alles hatte wenn das große licht nicht da war.
Aber der Dritte war am meisten anders. Es lief zwischen den anderen und hatte augen wie er selbst. Groß. Rund. Und von der selben farbe wie das zuckende bodenlicht das die wesen manchmal machten.
Er folgte ihnen eine weile. Sie bemerkten ihn nicht. Nie bemerkten Wesen ihn. Ihre ohren konnten dinge nicht hören die ihn von weit weg wachmachten. Auch konnten sie mit ihrer kurzen nase nicht dinge riechen wie er.
Er erinnerte sich dass er das früher auch nicht konnte. Er war wie die wesen taub und blind gewesen. Bis zu dem licht. Nicht das große licht. Das ganz große. Das alles weg gemacht hatte.
Plötzlich tat es weh. Sein kopf. Vor ihm war ein stein. Das große licht war so hell dass er ihn nicht gesehen hatte.
Er schreckte zurück. Plötzlich war da krach. Wehtuender krach. Die wesen hatten ihn bemerkt. Und sie machten laute. Dabei hatte er nichtmal angegriffen. Sonst machten ihre stöcke nur krach wenn er ihnen auch wehtat. Vorher bemerkten sie ihn nicht.
Das wesen mit den Bodenfeueraugen zeigte mit seinem stock auf ihn. Er blieb stehen. Bewegte sich nicht. Vielleicht bemerkten sie ihn dann nicht mehr. Sie waren ja blind. Wie er einmal gewesen war.
Das große wesen machte ein geräusch zu dem mit den augen. Der machte auch ein geräusch.
Eine lange zeit passierte garnichts. Er legte den kopf schief. Vielleicht sahen sie ihn wirklich nicht mehr? Vielleicht fragten sie sich wo er jetzt war? Wie dumm die wesen doch waren. Wie blind. Wie taub. Wesen halt.
Dann gingen die wesen langsam weg. Sie blickten immernoch zu ihm, aber sie gingen weg.
Erst als sie weg waren bewegte er sich wieder. Er ging ihnen nach. Aber jetzt so dass sie ihn nicht mer bemerkten. Er würde diesen wesen nicht Wehtuen. Vor allem nicht dem mit den Bodenfeueraugen. Augen wie seine. Er wollte sie nur beobachten. Sehen warum die wesen das taten was sie taten. Und warum sie so rochen. Wie das was er vor langem gerochen hatte.
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